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Freitag, 2. Februar 2018

Fußball auf'm Dorf 05

05 - Es ist so wie es ist

Es war eine kleine Leich. Der Toni lebte mit seiner Mutter auf einem bescheidenen Anwesen am Ortseingang und dort auch nur zur Miete. Der Vater war im Krieg gefallen, die Mutter bekam eine winzige Kriegerwitwenrente und der Toni war Knecht beim Angerbauer. Es reichte gerade so zum Leben. Verwandtschaft war sonst keine da. Nun war der Toni unter der Erde und die Mutter wusste nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Von Ihrer Witwenrente alleine konnte sie nicht leben.
»Feverl«, meinte der Angerbauer gleich nach der Beerdigung, »kommst heut auf d’Nacht rüber zu mir auf den Hof, i hätt was mit Dir zu bereden!«
»Is scho Recht Bauer, dann kimm i halt!«
Die Burgerin hieß mit richtigem Vornamen Genovefa, nur so nannte sie niemand im Dorf, da war sie das Feverl, schon von klein auf.

Die Burschen im Dorf gingen gesenkten Hauptes nach der Beerdigung nach Hause. Keiner hatte Lust auf den Kirchenwirt.
Hochwürden redete was von der Vergänglichkeit des Lebens und vom Seelenheil, ansonsten war das Begräbnis eine kurze Sache. Ein einziger Kranz lag auf dem Sarg, und zwar der vom Angerbauer. Auf der Schleife stand: »Mein treuer Knecht,« und »Ruhe sanft.«
Das Leben im Dorf ging weiter. Der Tod war immer da, damals wurde er noch nicht in die Krankenhäuser verbannt. Wenn ein junger Mensch starb, war das tragisch, aber so was passierte halt.

Am frühen Abend ging die Burgerin rüber zum Angerbauern. Sicher wollte er ihr den restlichen Lohn ihres Buben geben.
»Schau Feverl«, begann der Bauer, als sie am Küchentisch Platz nahm. »Der Toni war mein bester Knecht. Er war fleißig und rechtschaffen und er hat für Dich gesorgt!«
Die Burgerin nickte nur und wusste nicht, auf was der Bauer hinauswollte.
»Hast Du heit scho was gessen?« Er wartete gar keine Antwort ab und rief stattdessen seine Frau in die Küche.
»Geh Walli, richt für uns a Brotzeit her!«
Nach einer Pause fragte er: »Mogst an Kaffee oder lieber a Weinderl?«
Die Alte wusste gar nicht, wie ihr geschah.
Auf dem Tisch standen Speck, Butter, roter und weißer Presssack, aber auch Käse und Honig.
Dann goss der Bauer einen Veltliner in die Glaserl.
»Feverl, es ist so, wie es ist. Dei Bua ist unter der Erde und bei uns hier heroben muss es trotzdem weitergehen.«
Er nahm einen kräftigen Schluck Wein, dann redete er weiter.
»Du kannst selbstverständlich weiter in dem Häusl wohnen bleiben. An Mietzins verlange ich keinen von Dir, das bin ich dem Toni schuldig. Wenns’t magst, kannst Du gerne bei uns in der Kuchl etwas mithelfen, das habe ich mit der Walli schon besprochen. Gell Walli?«
»Freili Peterl!«, antwortete seine Frau und zur Burgerin gewandt sagte sie: Weißt Feverl, wir wissen, dass Du es mit dem Rheumatischen hast, Du kannst nicht mehr so arbeiten, wie Du gerne willst. Aber, das musst Du auch nicht, wenn Du mir nur gelegentlich etwas in der Kuchl zur Hand gehst. Dann sitzt Du nicht alleine in Deiner Kammer und über’n Winter ist es bei uns in der Kuchl immer warm!«
Der Burgerin liefen Tränen über die Wangen.
Dann langte sie kräftig zu und von einem auf die andere Minute waren ihre düsteren Gedanken verschwunden. Das Leben ging weiter und damit das Seelenheil auch nicht zu kurz kam, versprach ihr der Bauer am kommenden Sonntag extra eine Messe für den Toni lesen zu lassen.


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Donnerstag, 1. Februar 2018

Fußball auf'm Dorf 04

04. – die Nacht nach dem Spiel

Noch am späten Abend im Bett, seine Frau war schon lange eingeschlafen, grübelte der Kirchenwirt nach, wie er es anstellen könnte, dass die Burschen einen Fußballverein gründen. Eine sichere Bank wäre das. So ein Sonntagsgeschäft hatte er schon lange nicht mehr. All die Vereinssitzungen, Spielersitzungen und Siegesfeiern. Bei dem vielen Nachdenken schlief er ein und träumte von der Vereinsgründung, die natürlich beim ihm stattfinden müsste.

Währenddessen machte sich der Lenzensepp hinter dem Stadl zu schaffen. Heute Nacht wollte er es wissen, sakradi, heute Nacht musste es passieren. Er zog die mittellange Leiter aus dem Verschlag und trug sie rüber ans Kammerfenster von der Marei. Flugs war er die Leiter droben und stieg ein. S’Marei hatte in weiser Voraussicht das Fenster nur angelehnt. Was sich nun zwischen den beiden abspielte, hatte mit Fußball und einer Vereinsgründung schon gleich Garnichts zu tun, allerhöchstens mit einer Jugendabteilung.

Deshalb legen wir den Mantel des Schweigens über das, was in dieser Nacht geschah. Nur so viel sei verraten, eine Leiter brauchte der Lenzensepp in Zukunft keine mehr. Die Zeiten des Kammerfensterls waren vorbei. Er bekam von seiner Marei einen Schlüssel für den Hintereingang.

Der Burgertoni hatte eine schlimme Nacht. Zum einen trug er einen Fetzenrausch nach Hause, obwohl er nur 5 Maß gesoffen hatte. Die steckte er sonst locker weg. Der Brummschädel war gewaltig. Und schlecht war es ihm auch.
In den vergangenen Stunden war die Beule über der linken Stirn aufgeblüht.
Es sägte und pochte und klopfte, als ob mehrere Holzfuhrwerke über das Kopfsteinpflaster der Dorfstraße fuhren.

Am nächsten Morgen war er tot.


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