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Montag, 29. Januar 2018

Fußball auf'm Dorf 03

Die Siegesfeier

Mit einem dreifachen hipp hipp Hurra am Mittelkreis wurde das Freundschaftsspiel beendet. In der Futterküche beim Angerbauer wuschen sich die beiden Mannschaften, dann ging es rüber zum Kirchenwirt, weil so ein Freundschaftsspiel ja gebührend gefeiert werden musste.
S’ Marei, die älteste Tochter des Kirchenwirts, ein blitzsauberes Madel, schenkte die Maßkrüge voll, als die Fußballer eintrudelten.
Für die Spieler waren die Tische zusammengerückt. Ein jeder schnappte sich eine Maß, der Lenzensepp bedankte sich bei den Gästen für das faire Spiel und der Burgertoni schaute immer noch etwas blass aus der Wäsche.


Dann löste der Angerbauer sein Versprechen ein. Jeder bekam seine Freimaß und der Krautwurstmichi zwei. Sogar den Gästen wurden ein paar Maß auf den Tisch gestellt.
Es war eine ausgelassene Runde. Die Wirtsstube war brechend voll, da auch viele Zuschauer bei der Siegesfeier dabei sein wollten, und so eine frisch gezapfte Maß allemal was feines ist.
Manch anerkennender Blick nicht nur der Fußballer folgte dem Marei, wenn sie behände zwischen den Tischen ihre Maßkrüge balancierte. 


Der Unterederbeppi bekam eine unverhoffte Testosteronwallung, als sie sich über seine Schulter lehnte, um auch noch den letzten leeren Maßkrug einzusammeln. Sein Einblick in Mareis geschnürtes Mieder nur wenige Zentimeter vor seinen Augen musste gigantisch gewesen sein. Ihm wurde schwindelig, heiß und kalt und was weiß ich noch alles.
Ein »Öha Freinderl, jetzt glangt’s!«, vom Nebentisch katapultierte ihn wieder in die Realität zurück. Der eindeutige Appell kam vom Lenzensepp, dessen Hals massiv angeschwollen war.
Niemand, absolut Niemand durfte so unverschämt ins Mieder von der Marei einistiern.
Noch bevor der Unterederbeppi wusste, wie ihm geschah, hatte ihn der Lenzensepp beim Krawattl und zog ihn von der Bank.
»Aufhörn, es Hornochsen!«, schrie s’Marei und ging dazwischen. Dabei verpasste sie dem verdutzten Lenzensepp eine Watschn und befahl »A Ruah is!«
Die Gescholtenen ließen voneinander ab und setzten sich.
Noch eine ganze Weile rieb der Lenzensepp seine Backe, um die Watschn seiner Marei auszukosten.

Der Kirchenwirt zapfte derweil hinter der Theke ein paar frische Maß und überschlug schon mal den Umsatz. So ein Fußballverein wäre ein einträgliches Geschäft. 

© by Fabrizius

Freitag, 26. Januar 2018

Fußball auf'm Dorf - 02

 Das erste Spiel

 Zuschauer fanden sich an diesem wunderschönen Frühsommersonntag reichlich ein, sowohl von drenten als auch von herenten. Pünktlich um Fünfzehn Uhr begann das Spiel mit einen Anstoß der Gastmannschaft.
Der Angerbauer stiftete sogar einen funkelnagelneuen Lederfußball dazu

Die wenigsten Spieler hatten richtige Fußballschuhe. Meistens mussten die Genagelten herhalten, die waren stabil und fast jeder hatte welche. Der Aloisi, Torwart der Gäste, trat mit Gummistiefeln an. Als Torwart müsse er ja nicht viel rennen und die hätte er sonst den ganzen Tag an, daran wäre er gewohnt.

Nur der Krautwurstmichi hatte richtige Fußballschuhe an. Die hatte er sich von seinem Spezl ausgeliehen, der in der Kreisstadt in einem Verein Fußball spielte.
Die Gastmannschaft kam nach wenigen Minuten gefährlich nahe vors Tor und nur eine Glanzparade vom Lenzensepp verhinderte die Führung der Gäste. Die Zuschauer am Spielfeldrand waren außer Rand und Band. Der Angerbauer versprach jedem eine Maß Freibier und den Torschützen sogar zwei, wenn sie das Spiel gewinnen.
Die Fußballschlacht tobte hin und her.

Hohe weite Bälle von hinten nach vorne dreschen war nicht angesagt. Der Birnbaum stand in der Mitte des Platzes im Weg. So mussten die Spieler den Ball flach halten und durch gezieltes Abspielen das Leder nach vorne bringen.

Die Burschen kämpften verbissen mit vollem Körpereinsatz. Dann passierte es. Der Unteredersepp, Ausputzer der Gäste, stieg dem Burgertoni von hinten so massiv in die Haxn, dass der wie eine Rakete abhob und pfeigrod mit dem Kopf am Birnbaum landete.
Wegen des groben Fouls pfiff der Hauserbene Elfmeter, obwohl der Birnbaum gar nicht im Strafraum stand, sondern neben dem Mittelkreis. Als die Gastmannschaft protestierte, es sei nie und nimmer ein Elfmeter meinte der Schiri, das sei ihm wurscht, so ein massives Foul müsse auch dementsprechend geahndet werden.

Nun schnappte sich der Burgertoni, noch reichlich von der Birnbaumkollision benommen, das Leder: »Dös mach i selm!« Dann marschierte er leicht schwankend zum Elfmeterpunkt, allerdings in den eigenen Strafraum. Erst auf gutes Zureden des Schiri wechselte er, immer noch leicht wankend, hinüber vor das gegnerische Tor.
Unter dem Gejohle der Zuschauer lief der Elfmeterschütze mit bestialischer Mine an. Im Übereifer und sicher auch wegen seines malträtierten Schädels trat er nicht gegen, sondern auf den Ball und landete diesmal unsanft mit dem Kopf voraus auf dem Rasen. Dort blieb er liegen. Der Ball kullerte Richtung Tor, schaffte es aber nicht über die Torlinie.

Zu viert trugen sie ihn an den Spielfeldrand.
»Gehirnerschütterung!«, attestierte der Sani, der schon die ganze Zeit mit seiner Ersthilfetasche hinter der Seitenauslinie stand. Dann nahm er eine Riechampulle heraus, brach sie auf und hielt sie dem Verunfallten unter die Nase.
»Dös wirkt immer!«, meinte er. Dann schlug der Burgertoni die Augen auf und fuchtelte mit beiden Händen vor seinem Gesicht herum: »Dös is ja greislich!«, setzte sich auf, schaute in die Runde und meinte: Jetzt brauch i a Hoiwe!«

»Nix  do, die kannst nachher saufen, weiter geht’s!« So wankte der Burgertoni wieder auf den Platz. Allerdings war sein Engagement nicht mehr so draufgängerisch. Seine Spielanteile ließen merklich nach.

Das einzige Tor fiel zehn Minuten vor Schluss nach einem Eckstoß. Der Ausputzer der Gäste drosch den Ball aus dem Strafraum. Dieser prallte am Stamm des Birnbaumes ab und flog zurück in die Hälfte der Gäste. Nun schnappte sich der Krautwurstmichi die Kugel, umtrippelte ein paar Gegenspieler und wuchtete ein. Eins zu Null für die Heimmannschaft.© by Fabrizius

Donnerstag, 25. Januar 2018

Fußball auf’m Dorf - 01

Wie alles anfing

Als noch alle Telefonapparate eine Schnur hatten und kein Fernseher in den Wohnzimmern flimmerte, gab es ein paar junge Leute, die nicht nur auf der Dorfstraße rumkicken wollten. Auf einem richtigen Fußballplatz wollten sie spielen, mit Toren, Außenlinien und Sechzehnmeterraum. Der Fußball war nämlich schon lange erfunden.
Der Platz vor der Kirche war zu klein, die Fenster vom Kirchenwirt zu nahe und Tore durften sich auch keine aufstellen. Hochwürden meinte, das würde an Gotteslästerung grenzen.

Auf den Feldern rund ums Dorf wuchsen Kartoffeln, Roggen, gelegentlich Weizen und selten Futterrüben. Maisfelder sah man damals keine.

Nur Fußball konnte man auf keinem der Äcker spielen. Mal waren die Stoppel zu hoch oder die Furchen zu tief.

Aber es gab eine Wiese gleich hinterem Anwesen des Angerbauern. Er war der größte Bauer im Dorf. Die war eben, die meiste Zeit trocken und wäre frisch gemäht zum Fußballspielen gut geeignet gewesen, hätte da nicht der Birnbaum mitten auf der Wiese herumgestanden. Ein Prachtexemplar mit einem dicken Stamm, den kaum ein Erwachsener umarmen konnte und einer Krone, die reichlich Schatten spendete. Gut vier Zentner Mostbirnen trug der Baum jedes Jahr, wie der Bauer glaubhaft Versicherte.

Fensterscheiben rund um die Wiese gab es keine.
Bis aufs regelmäßige Mähen passierte nichts. Streng genommen war der Angerer auch nicht auf das Grünfutter angewiesen. Er hatte genug andere Wiesen.

Da der Bauer als umgänglich und der Jugend gegenüber als aufgeschlossen galt, fassten sie sich eines Nachmittags am Stammtisch beim Kirchenwirt ein Herz und fragten nach.

Nach der fünften Halbe versprach der Angerer die Tage seine Wiese ganz kurz zu mähen, damit die Burschen darauf trainieren könnten. Allerdings, und das war unverrückbar, der Baum müsse stehen bleiben.

Wenige Tage später war zunächst ein Tor fertig gezimmert. Statt eines Netzes wurde Maschendraht hergenommen. Außenlinien und ein Sechzehnmeterraum mitsamt Elfmeter waren mit Futterkleie markiert. Der Angerer selbst kam in den frühen Abendstunden immer mal wieder vorbei, um nach dem Rechten zusehen. Er freute sich mit den Buben. Sogar einen neuen Fußball wollte er ihnen spendieren, wenn sie weiter fleißig trainieren.

Recht bald wurde mit Fußballbegeisterten vom Nachbarort ein Match vereinbart. Damals nannte man das noch nicht »Match« sondern schlicht und einfach »Spiel« in diesem speziellen Fall Freundschaftsspiel.
Da die Gastmannschaft nur mit zehn Mann anrückte, lieh man ihnen einen Spieler, dann konnte es losgehen.

Ach ja, einen Schiedsrichter gab es auch. Das war der Hauserbene, weil der konnte laut und deutlich durch die Finger pfeifen. Eine richtige Schiripfeife war nämlich auf die Schnelle nicht aufzutreiben.

Die Regeln »Aus«, »Hand« und »Foul« waren allgemein bekannt, und so was wie »Abseits« wurde vernachlässigt.
Es war auch egal, ob ein direkter oder indirekter Freistoß gegeben wurde. Hauptsache, es wurde Fußball gespielt.
Richtige Trikots hatte keine der Mannschaften, das war nicht nötig, man kannte sich.
Zweimal vierzig Minuten wurden vereinbart, dann konnte es losgehen.  

© by Fabrizius