© by Fabrizius

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bitte geben Sie den Autor an, sonst ist es geistiger Diebstahl.

Dienstag, 25. April 2017

Künstler und ihre bewegte Zeit

Die Cosmaten, eine römische Künstlerfamilie prägten ihre Epoche im 12. und 13. Jahrhundert durch herrliche Schmuckarbeiten in Kirchen und Palästen. Ihre Mosaikarbeiten legen heute noch Zeugnis ab von ihrem Können.

Michelangelo, Künstler, Großunternehmer in Sachen Sakralbau und Genie lieferte schon mit 25 Jahren, damals schrieb man das Jahr 1499, sein Meisterstück ab.
Die »Pietà« rechts neben der Porta Sancta im Petersdom.

Die gigantische Kuppel des Petersdoms wurde von ihm entworfen. 1547 wurde er zum Architekten von Sankt Peter von Papst Paul III. berufen. Die Fertigstellung seiner Kuppel erlebte er nicht mehr.

1502 schuf Bramante das »Tempietto«, ein Musterbeispiel der Hochrenaissance.
Bernini (*1598 †1680) prägte durch seine Kirchen, Statuen, Brunnen und Paläste das Gesicht Roms.
Zur gleichen Zeit im heiligen Jahr 1600 wurde der Philosoph Giordano Bruno wegen Ketzerei auf dem Campo dei Fiori verbrannt.

1651 gestaltete Bernini die Piazza Navona in seiner jetzigen Form.
1657 vollendete Borromini Sant’ Agnese in Agone.
Zwischendurch widerrief Galileo Galilei, sodass sein bereits gesprochenes Todesurteil ausgesetzt wurde. Kurz vor seinem Tod muss er gesagt haben: »Und sie bewegt sich doch!«

Damals war man der Meinung, die Sonne kreise um die Erde und die sei stillstehender Mittelpunkt des Universums. Galileo und Bruno wussten es besser. Der eine widerrief und lebte, der andere widerrief nicht und starb.

Es waren bewegte Zeiten im Rom der Renaissance und des Barock.
Geht man mit offenen Augen durch Rom, dann leben diese Zeiten wieder auf.

Heute steht Giordano Bruno als überlebensgroße Statue mitten auf dem Campo dei Fiori, den Blick fest Richtung Vatikan gerichtet, allen Ignoranten und ewig Gestrigen zur Mahnung!


Momentaufnahmen in Marmor

Bernini war ein Meister im Einfangen eines Augenblicks. Ein momentaner Gesichtsausdruck muss diesen Künstler fasziniert haben.
Nicht anders ist es zu Verstehen, dass er mit 25 Jahren eine Momentaufnahme in Marmor festhielt. Nämlich das Gesicht von David im Kampf gegen Goliath in dem Augenblick vor dem Steinwurf.
Zu bewundern ist dieses Kunstwerk in der Villa Borghese.
Ein weiterer Beweis für sein Interesse am Augenblick ist sein wohl berühmtestes Werk »Apollo und Daphne«.

Hier zeigt er die vor dem Lichtgott Apollon fliehende Nymphe Daphne im Moment ihrer dramatischen Verwandlung in einen Lorbeerbaum.

Momentaufnahmen in Marmor festgehalten mit einer Schärfe und Klarheit, die all die Größe und Genialität dieses Künstlers offenbart.

Sage und schreibe zwei geschlagene Stunden stand ich schon vor diesem Kunstwerk. Ich habe mich immer noch nicht daran sattgesehen. Jedes mal war die Villa Borghese ein Muss während unserer Romaufenthalte. 



Senatus Populusque Romanus
Dem Senat und dem Volke Roms

S.P.Q.R.

Diese Abkürzung ist heute noch der Stempel der Commune di Roma.
Mit diesen Buchstaben ist ein Weltreich charakterisiert, das jedem unwiderruflich klar macht, was wem gehört!

Nichtrömische Italiener übersetzten die fünf Buchstaben despektierlicher.
»Sono pazzi questi romani!«
»Die Spinnen, die Römer!«

Freitag, 21. April 2017

Andiamo a Roma

Immer dann, wenn unsere kleine Reisegruppe den Rundbrief »Andiamo a Roma« von mir bekam, fing das Fieber an. Wir alle waren schon jahrelang von diesem Reisevirus infiziert. Es trat periodisch auf, lange schlummerte es in unseren Gedanken bis zum nächsten Ausbruch. Medikamente gab es keine gegen diesen Erreger, er war immun gegen alle gängigen Rezepturen.

Spätestens wenn ich die Hotelzimmer und die Schlafwagenabteile buchte, zeigten sich die ersten Symptome. Ein unbeschreibliches Gefühl setzte sich in den Gedanken fest, Erinnerungen wurden wach.

Rom, was ist das Besondere an dieser Stadt? Viele Literaten haben sie beschrieben, haben in ihren Mauern gelebt und ihr eigenes Rom erlebt.
Roma aeterna, die ewige Stadt pulsiert.

So viele Wege sind wir in unserem Rom gegangen, bewunderten die lauten Kulissen und genossen die stillen Winkel. Immer wieder entdeckten wir sie neu, erlebten sie anders und liebten sie umso mehr.

Da waren die hoch aufstrebenden Barockfassaden, die dem Betrachter den Atem raubten, die antiken Baudenkmäler, die zeitlos aus ihrer Vergangenheit erzählten.

Berninis Brunnen spielten mit dem Wasser und nebenan erinnerten uns himmelwärts strebende Marmorsäulen an die Macht der römischen Kaiser. Die Renaissance-Paläste beschrieben den Reichtum und den Absolutismus der Päpste jener Zeit.
Wer einmal vor Berninis »Apollo und Daphne« stand, der wird ein Leben lang Sehnsucht nach Rom haben.

 



Alles begann vor Dreitausend Jahren mit ein paar ärmlichen Behausungen auf dem Palatin. In grausamen Stammesfehden wurden die ortsansässigen Etrusker unterworfen.
Seine größten Feinde vernichtete Rom. Das mächtige Karthago wurde dem Erdboden gleich gemacht, kein Stein blieb auf dem anderen. Der Tempel in Jerusalem wurde bis auf die Westmauer zerstört. Die Völker wurden unterjocht.
Rom expandierte zur Weltmacht.

Fast ganz Europa unterwarf es, dazu weite Teile Kleinasiens und den Norden Afrikas.
Das aufstrebende Christentum veränderte Rom, die Völkerwanderung war es schließlich, die die Weltmacht Rom in die Knie zwang.

Das finstere Mittelalter ließ Rom zum Provinznest verkommen. Das »Heilige Römische Reich deutscher Nation« war nicht mehr als ein billiger Abklatsch des antiken Roms.
An Stelle der römischen Kaiser schwangen sich die Päpste empor. Sie übernahmen den Titel Pontifex Maximus, ohne an deren Größe anknüpfen zu können.

All dies ging in unseren Köpfen herum, wenn wir Rom erlebten.

Andiamo a Roma – Tanti saluti

Mittwoch, 19. April 2017

Unschuldige Sünden


Im Tazza d’Oro gibt es den besten Cafè

ANTIPASTI
Vorspeise steht im Wörterbuch.
Nur, das ist es nicht.

Antipasti sind eine Komposition, die in einer kleinen Trattoria aus vielen Einzelnoten eine wunderhübsche Melodie auf den Teller zaubert. Antipasti machen aus unschuldigem Genießen ein lüsternes Verlangen nach immer gewagteren Gaumenfreuden. Buon appetito!

SPAGHETTI ALLA CARBONARA
Wenn Du diese drei Worte genüsslich über die Zunge sprichst, kommen tausend Sehnsüchte. Überall auf der Welt mögen Spaghetti Nudeln sein, hier in Rom ist es Pasta. Nicht wegzudenken aus Rom. Und nur hier sind diese Spaghetti alla carbonara so al dente!

ESPRESSO
Das ist nicht irgend eine schwarze Brühe, in der gemahlene Kaffeebohnen ertränkt werden, Café in Rom ist Dröhnung, Eruption, Genuss pur, der Beste der Welt.

Egal ob in einer kleinen Bar, auf einer Piazza oder im Straßencafé. Es ist nur wenig, aber der Stoff ist sofort im Blut. Basta!

GELATI
An jeder Ecke lauert die Versuchung. Ein kühler Traum katapultiert dich in den Olymp der Sinnlichkeit. Der absolute Kick!
Alleine beim Bestellen der verschiedenen Sorten spürst du den kalten Hauch der köstlichen Aromen auf deiner Zunge. Gelati, süß wie die Sünde und doch so unschuldig schmelzend auf den Lippen.

EINEN BOGEN SPANNEN
Wo kannst du besser einen Bogen spannen zwischen Antiker Geschichte und zart schmelzendem Eis?
Rom
In keiner anderen Stadt ist Caesar neben Lukull zu finden!

TI AMO ROMA - ICH LIEBE DICH - ROM!



Dienstag, 18. April 2017

Gigantismus und Größe


Rom hat keine Superlativen, es kommt ohne sie aus. Es gibt nichts in Rom, was das Schönste, das Höchste, das Größte ist.

Rom hat nur eines, es hat eine schlichte Einmaligkeit. Diese Komposition der Urbanität, der Geschichte und der gewachsenen Schönheit macht diese Stadt zum CAPUT MUNDI, zum »Haupt der Welt«.

Hier ist ein versteckter Brunnen auf einem der vielen Piazzi der Altstadt nichts Gigantisches, es ist eine trinkwassersprudelnde Einmaligkeit. Er erzählt mit seinem in Stein gehauenen Relief eine Alltagsbegebenheit. Gespeist von einem der vielen Aquädukte, die Rom schon seit Jahrhunderten mit Wasser versorgen, ist diese Fontanella urwüchsiges Rom. Somit haben der kleine Brunnen in der Altstadt und der bombastische Trevi-Brunnen alle Gemeinsamkeiten Roms, sie sind beide einmalig! Das spüre ich in den Gassen Roms.

In den Handwerksbetrieben, in diesem Durcheinander von Werkzeugen und Werkstücken arbeiten Menschen, Römer. Sie arbeiten härter als mancher Tourist, der durch diese engen Gassen schlendert. Diese Altstadtgassen sind keine »Vorzeigekulissen«, zurechtgemacht und herausgeputzt, diese Altstadtgassen sind kompaktes Leben jeden Tag, jede Stunde neu und oft dramatisch erzählt.

Sie sind genau so einmalig wie das weltberühmte Kolosseum.
Grob behauene Pflastersteine erzählen eine faszinierende Geschichte für den, der bewusst durch diese Gassen geht. Ob es das Pflaster in der Altstadt ist, das von einem Arbeiter vor einem Jahrtausend gelegt wurde, oder das Marmorpflaster des Campidoglio, entworfen von Michelangelo, beide sind einmalig.
Das ist Rom hautnah und intensiv. Vielleicht versteht jetzt der »Noch-nicht-in-Rom-Gewesene«, was in uns vorgeht, wenn wir römischen Boden unter den Füßen haben. Vielleicht kann er jetzt begreifen wie wir einem nächsten Rombesuch entgegenfiebern.

Wir werden eins mit dieser Stadt. Die Macht der Einmaligkeit und der Schönheit fasziniert, sie wirkt wie ein riesiger Sog, dem man sich nicht entziehen kann.

Tanti saluti e buon viaggio a Roma

Montag, 17. April 2017

Bella Figura in Rom

 Bella Figura

Rappelvoll hält der Bus. Trotzdem quetschen sich noch mehr Menschen hinein.
»Scusi prego!« oder »permesso prego!«, sind typische Worte. Busfahren in Rom wird zur Leidenschaft!

Dann kommt das Allergrößte.
Römerinnen, wie aus dem Ei gepellt, im dunklen Kostüm schick frisiert, modisch elegant gekleidet, entsteigen diesem Chaos.
Das ist »Bella Figura« in Rom.

Soviel schick gekleidete Menschen, auch Männer, sieht man nur in Rom.

Der Tourist fällt sofort auf, auch wenn er kein Japaner ist.
An allen Sehenswürdigkeiten von frühmorgens bis spätabends, überall Japaner.
Sehr freundlich, sehr gruppenbezogen, pausenlos fotografierend entdecken sie Rom.

»Was wäre, wenn alle Japaner gleichzeitig auf ihrer Insel wären?« Diese Frage stellten wir uns ein paar mal.

Genießen, Diskutieren und Staunen

Das sind drei wesentliche Beschäftigungen in Rom.
So vielfältig wie diese Stadt, so vielfältig waren unsere Themen. Immer wieder wurde uns bewusst, so gute Gespräche und so intensives Genießen kann man nur in Rom!
Das geht auf einer Marmorbank irgendwo am Rande einer Piazza, in einem Park oder auf einer Kirchentreppe.
Natürlich auch in einer Hostaria oder Trattoria. Das geht sogar mit einem Pappbecher, wenn nur ein guter Wein drinnen ist.

Trastevere





Die Abende am Brunnen auf der Piazza Santa Maria in Trastevere bleiben in ewiger Erinnerung. Dieses malerische Viertel Roms auf der anderen Seite des Tibers ist schon am Tage umwerfend schön. Bei einbrechender Dunkelheit entwickeln die mittelalterlich anmutenden Gassen und Plätze ihre eigene Mystik.
Ein Becher Vino, egal ob bianco oder rosso, an diesem Brunnen, gehört mit zu den schönsten Erinnerungen.

Dort trafen wir Herbert. Er quatschte uns einfach an und das in breitestem Fränkisch. Er würde hier gleich um die Ecke wohnen und er sei fast jeden Abend hier. Wir boten ihm einen Schluck Wein an.
Nach dem ersten Schluck meinte er, er könne uns besseren Wein besorgen. Wir sollten ihm zwanzig Euro geben, er wäre gleich wieder zurück.

Ich gab ihm das Geld, da hörte ich von schräg gegenüber die Bemerkung: »Der sieht sein Geld nie wieder!«
Dann sah ich das hämische Grinsen eines Anzugträgers, der mir versicherte, das sei doch alles Gesindel.
Ich drehte mich einfach um, mit so einem Typen wollte ich nicht diskutieren.

Herbert kam mit zwei Flaschen Wein an und brachte noch 4 Euro Rückgeld mit.
Bevor er die Flaschen auf dem Brunnensockel abstellte, trat er ganz nahe an den Anzugträger und sagte:
»Auch mit Krawatte bleibt ein Depp ein Depp!«
Dann nahm er seinen Korkenzieher aus der Tasche.
Der Wein schmeckte vorzüglich.

Herbert »wohnte« in einem Karton, gleich hinter der Kirche Santa Maria in Trastevere in einer Mauernische.
Da sei ausreichend für ihn. Er genieße jeden Tag in Rom.

Meine Frau, sie will es immer ganz genau wissen, fragte ihn, wie denn das mit der Körperhygiene sei.
Mindestens zweimal in der Woche gehe er zum Duschen. Er kenne ganz viel Personal rundum in den Hotels. Da würde es gar nicht auffallen, wenn er bei einem Zimmerwechsel mal schnell unter die Dusche springen würde.
Den Wein habe er übrigens zu einem Freundschaftspreis vom Kellner gleich da drüben bekommen.

Herbert erzählte und erzählte. Zwischendrin rief er dem einen oder anderen Bekannten etwas auf Italienisch zu.

Es war ein kurzweiliger Abend. Der Anzugträger war verschwunden und Herbert besorgte noch eine dritte Flasche.


Wie viel Rom kann man in 5 Tagen verkraften?

Solange es Spaß macht!
Es macht auch noch Spaß, wenn die Füße wehtun vom nicht gerade filigranen römischen Pflaster.
Es macht auch noch Spaß, wenn man hundemüde auf einem der sieben Hügel Roms unter der Mittagssonne Siesta macht.
Es macht auch noch Spaß, wenn man in den späten Abendstunden vergebens auf den Bus wartet.

Es wird so lange Spaß machen, so lange es Rom gibt.
Deshalb stehen die Chancen gut, nicht umsonst ist Rom die Ewige Stadt!

Roma aeterna

Sonntag, 16. April 2017

Die Säulen des Pantheon



Vielleicht ist es der schönste Platz in Rom, die Piazza Rotonda mit dem alles beherrschenden Pantheon. Doch kaum ist dieser Gedanke zu Ende gedacht, schon zweifelt man wieder um seine Aussage, »der schönste Platz«.

 Speziell in Rom sind diese Superlative sehr schwierig zu gebrauchen. Was ist schon das Schönste? Schön zum Anschauen? Schön zum Träumen?
Sei`s d´rum!

Sehr gerne sitze ich vor diesem mächtigen Bauwerk, mal direkt auf den wenigen Stufen des Brunnens in der Mitte der Piazza, mal direkt unter den mächtigen Säulen des Eingangsportals.
Jedenfalls sind das Momente in meinem Leben gewesen, auf die ich nie verzichten wollte.
Je näher ich mich solch einer mächtigen Säule nähere, desto beklemmender das Gefühl der Vergänglichkeit, desto kraftstrotzender der kalte Stein. Fast zögernd berührt man diesen Stein. Himmelwärts strebend haben diese Säulen eine über zweitausendjährige Geschichte über sich ergehen lassen. Monumental begleiten sie die vorbeigehenden Menschen, erinnern an antike Baumeister, die bis auf den heutigen Tag zu den Besten zählen, die die Menschheit hervorgebrachte.
 
In Sekundenschnelle geht mir das durch den Kopf, wenn ich durch den Portikus in das Innere dieses antiken Tempels gehe.
Ich scheue mich das Pantheon als Kirche zu bezeichnen obwohl es natürlich schon recht früh in der Geschichte des Papsttums als christliche Kirche umfunktioniert wurde (608).

Geblieben ist aber kein sakrales christliches Bauwerk, sondern ein erhabenes antikes Monument aus der Blütezeit des römischen Imperiums jenseits aller christlicher Frömmelei.

Hier spürt man die alten, die heidnischen Götter Roms. Das Pantheon wurde geschunden, aber selbst die Barberini konnten diesen antiken römischen Tempel nicht gänzlich zerstören. Die riesige Kuppel hat noch die gleiche Faszination wie schon vor Zweitausend Jahren.

Die Tonnen Kupfer, die seinerzeit die Kuppel schmückten, sind heute im Hochaltar des Petersdoms verbaut.

Flutet das Licht durch die Öffnung in der Kuppelmitte in mein Gesicht, dann spüre ich mich den alten Göttern nahe.

Alles was heute in diesem Bau untergebracht ist wird nebensächlich. Kein Raffael, kein Umberto kommt an die Dimensionen heran, die ich im Geiste erklimme.

Dieses raumumgreifende Monument erlebe ich jedes mal mit einer andachtsvollen Stille und mit einem ehrfurchtsvollen Respekt. So allumfassend die Wirkung im inneren ist, so vollkommen wird sie dem Betrachter von außen. Wieder vorbei an den Säulen des gewaltigen Portikus spürt man den Hauch der Antike.

Die Säulen beginnen mir über jene Zeit zu erzählen. Meine geistige Zwiesprache ist alles andere als billige Gefühlsduselei. Es ist intensive Vorstellungskraft.

Schon zu allen Zeiten haben diese Säulen ihre Macht gegenüber den Menschen demonstriert. In archaischer Festigkeit können sie jeden überzeugen, was Stabilität und Zuverlässigkeit ist. Kaiser kamen und gingen, die Macht wechselte oft berauschend schnell.
Die steinernen Zeugen einer statischen Macht aber waren und sind unbestechlich und absolut gegenwärtig.

Diese Säulen demonstrieren ihre Jahrhunderte. Die Steinmetze, die diese Pracht geschaffen haben, waren den Göttern näher. Auch wenn man ein paar mal diese Säulen umrundet, so ganz ergründen kann man sie nicht. Kleine und kleinste Schrammen und Schrunden in dem harten Marmor versuchen eine ehrliche Geschichte zu erzählen.

Dann wird es schon symbolhaft, wenn eine zierliche Kinderhand diese aufstrebenden Kolosse berührt. Unwillkürlich erwartet man, dass irgendetwas passiert.
Kalter Stein in der Berührung einer unendlich zarten und warmen Kinderhand. Hier ist etwas für die Ewigkeit geschaffen, das immer wieder neues Leben fasziniert.

Ewiges junges Rom.

Samstag, 15. April 2017

Rom und die Farbe Blau

Strahlend blauer Himmel über der Ewigen Stadt. Die weiten Felder, die schlanken Zypressen, darüber ein Firmament mit intensivem Blau, hineingestreut ein paar weiße Wolkentupfer.

 Die Ausfallstraße mit ihrem nicht abreißenden Verkehr haben wir hinter uns gelassen. Ein paar Stufen hinauf, durch den Torbogen und schon liegt der Kiesweg zu den Callisto Katakomben vor uns. Der Lärm der Straße fast lautlos.




 


Vor uns die niedrigen Häuser über der Katakombe, rechts über den Feldern Sankt Sebastiano. Gruppen werden zusammengestellt. Führungen in allen gängigen Sprachen. Wir haben Glück, gerade wird eine gruppo tedesco" aufgerufen. Eine hübsche und sehr freundliche Signorina lotst uns an den Wartenden vorbei.

Erleichtert kommen wir nach einer dreiviertel Stunde zurück an die Oberfläche, ein beklemmendes Gefühl fällt in der wärmenden Sonne ab. Frohgemut schlendern wir zurück an die Bushaltestelle. Gegenüber in einer Bar gibt es Kaffee und andere Erfrischungen.

Genüsslich schauen wir dem chaotischen Verkehr zu. Im spitzen Winkel vereinigen sich zwei stark befahrende römische Ausfallstraßen. Keine Ampeln, Verkehrszeichen werden ignoriert. Mit stetigem Hupen und aus dem Fenster gestikulierend verschaffen sich die Motoristi den nötigen Respekt. Es kommt zu bizarren Situationen inmitten hupender Autos, aber irgendwie geht es weiter. Obwohl lautstark und unter vehementem Einsatz der Körpersprache habe ich nie den Eindruck, dass die Fahrer zornig sind. Gelassenheit trotz Chaos.

Teilnahmslos die Radfahrer, eine Lücke kann gar nicht so klein sein, dass sie nicht doch noch durchradeln.

Erst die Polizia Communale regelt etwas Planung in diesen Wirrwarr. Mit einer bestialischen Mine, die Trillerpfeife zwischen den Lippen, pausenlos pfeifend, mit den Armen rudernd, gelingt es dem Poliziotto, den Verkehr zum Laufen zu bringen. In Siegerpose, theatralisch den Kopf im Nacken, in schmucker blauer Uniform zeigt er der tosenden Blechlawine, wer der Herr ist auf dieser Weggabelung.

Ein faszinierendes Schauspiel unter dem strahlend blauen Himmel Roms.

Freitag, 14. April 2017

Künstler und ihre bewegte Zeit

Die Cosmaten, eine römische Künstlerfamilie prägten ihre Epoche im 12. und 13. Jahrhundert durch herrliche Schmuckarbeiten in Kirchen und Palästen. Ihre Mosaikarbeiten legen heute noch Zeugnis ab von ihrem Können.

Michelangelo, Künstler, Großunternehmer in Sachen Sakralbau und Genie lieferte schon mit 25 Jahren, damals schrieb man das Jahr 1499, sein Meisterstück ab.
Die »Pietà« rechts neben der Porta Sancta im Petersdom.

Die gigantische Kuppel des Petersdoms wurde von ihm entworfen. 1547 wurde er zum Architekten von Sankt Peter von Papst Paul III. berufen. Die Fertigstellung seiner Kuppel erlebte er nicht mehr.

1502 schuf Bramante das »Tempietto«, ein Musterbeispiel der Hochrenaissance.
Bernini (*1598 †1680) prägte durch seine Kirchen, Statuen, Brunnen und Paläste das Gesicht Roms.
Zur gleichen Zeit im heiligen Jahr 1600 wurde der Philosoph Giordano Bruno wegen Ketzerei auf dem Campo dei Fiori verbrannt.

1651 gestaltete Bernini die Piazza Navona in seiner jetzigen Form.
1657 vollendete Borromini Sant’ Agnese in Agone.


Zwischendurch widerrief Galileo Galilei, sodass sein bereits gesprochenes Todesurteil ausgesetzt wurde. Kurz vor seinem Tod muss er gesagt haben: »Und sie bewegt sich doch!«

Damals war man der Meinung, die Sonne kreise um die Erde und die sei stillstehender Mittelpunkt des Universums. Galileo und Bruno wussten es besser. Der eine widerrief und lebte, der andere widerrief nicht und starb.

Es waren bewegte Zeiten im Rom der Renaissance und des Barock.
Geht man mit offenen Augen durch Rom, dann leben diese Zeiten wieder auf.

Heute steht Giordano Bruno als überlebensgroße Statue mitten auf dem Campo dei Fiori, den Blick fest Richtung Vatikan gerichtet, allen Ignoranten und ewig Gestrigen zur Mahnung!


Momentaufnahmen in Marmor

Bernini war ein Meister im Einfangen eines Augenblicks. Ein momentaner Gesichtsausdruck muss diesen Künstler fasziniert haben.
Nicht anders ist es zu Verstehen, dass er mit 25 Jahren eine Momentaufnahme in Marmor festhielt. Nämlich das Gesicht von David im Kampf gegen Goliath in dem Augenblick vor dem Steinwurf.
Zu bewundern ist dieses Kunstwerk in der Villa Borghese.
Ein weiterer Beweis für sein Interesse am Augenblick ist sein wohl berühmtestes Werk »Apollo und Daphne«.

Hier zeigt er die vor dem Lichtgott Apollon fliehende Nymphe Daphne im Moment ihrer dramatischen Verwandlung in einen Lorbeerbaum.

Momentaufnahmen in Marmor festgehalten mit einer Schärfe und Klarheit, die all die Größe und Genialität dieses Künstlers offenbart.

Sage und schreibe zwei geschlagene Stunden stand ich schon vor diesem Kunstwerk. Ich habe mich immer noch nicht daran sattgesehen. Jedes mal war die Villa Borghese ein Muss während unserer Romaufenthalte.

Mittwoch, 12. April 2017

Viele Wege führen nach Rom!



Senatus Populusque Romanus – Senat und Volk von Rom

Wenn wir unseren Blick über das Forum Romanum schweifen lassen, die grobgehauenen Pflastersteine der Via sacra unter unseren Füßen spüren, dann erahnen wir die Größe dieser Stadt, die nicht von ungefähr »Caput Mundi« Haupt der Welt genannt wurde.

 Über dieses Pflaster zogen siegreiche Feldherrn hinauf zum Kapitol. Hier trafen sich die Größen ihrer Zeit.
Das ist keine Kopie, keine Imitation, hier ist das Original!
Auf der »Rostra«, der Rednertribüne stand Cicero und redete zum römischen Volk.

Dem zweiten Triumvirat, Augustus, Markus Antonius und Markus Lepidus, wurde Cicero zu mächtig. Sie ließen ihn 45 vor Chr. ermorden und stellten seinen Kopf und seine Hände an der Rostra zur Schau.

Unter dem majestätischen Saturntempel aus dem 5 Jahrhundert vor Christus wurden Feste zu Ehren des Gottes gefeiert. Diese Feste nannte man »Saturnalien«. Es wurden Geschenke ausgetauscht. Sklaven und Herren saßen nebeneinander und feierten. Während der Saturnalien wurden keine Kriege erklärt, Schulen und die Gerichtsbarkeit waren geschlossen.
Da spielte sich alles vom 17. bis 23. Dezember ab. Das christliche Weihnachtsfest wurde nicht zufällig auf das gleiche Datum gelegt.

Im Vestatempel brannte das heilige Feuer. Die Vestalinnen, jungfräuliche Priesterinnen, hüteten die Flamme. Verlor eine Vestalin ihre Jungfräulichkeit während ihres Priesteramtes, wurde sie lebendig begraben und der Mann zu Tode gepeitscht.

Die Ruinen des Forum Romanum sind Zeugen dieser vergangenen Zeit.

Das Elend

Zugrundegerichtet, ohne Glanz dahinvegetierend, das war Rom im frühen Mittelalter. Unter der Knute der heiligen Mutter Kirche wurde die Antike ausgelöscht. Jämmerliche Hütten und Behausungen gaben den Menschen Obdach.
Wo waren die Säulenhallen, die Tempel, die Thermen?
Sie alle waren dem Verfall preisgegeben. Vandalismus und Zerstörung überall. Bestenfalls wurden die antiken Bauwerke als Steinbruch genutzt.

Die Kirche war alles! Was nicht christlich war, war mit dem Teufel im Bunde. Die von Norden einbrechenden barbarischen Völker mordeten und brandschatzten und die päpstlichen Truppen standen dem in nichts nach. In Christi Namen wurden die abscheulichten Gräueltaten verübt.
Es war die Zeit des Abschlachtens.
Morden und Plündern konnten sie alle.

Die wenigen Zeitzeugen, die des Schreibens mächtig waren, konnten nur unter Lebensgefahr zum Chronisten werden. Jedes geschriebene Wort, das nicht der Kirche diente, war ketzerisch. Das war gleichbedeutend mit einem Todesurteil des Schreibers.

Der Aberglaube trieb seine hässlichen Blüten. Die heidnischen Sitten waren noch lange nicht dem Christentum gewichen.

Uralte Handelswege verrotteten, keine steuernde Obrigkeit verlieh dem Handel Sicherheit. Lediglich die Pfründe der Kirche mehrten sich. Im Namen Gottes wurde geraubt, brandschatzt und gemordet. Ein Menschenleben galt nichts.

Das antike Wissen, die Künste, die Wissenschaft lagen darnieder. Handwerkliche Fähigkeiten gingen verloren. Die Philosophie wurde als ketzerisch gebrandmarkt. Staatliche Rechte, Gerichtsbarkeit und eine ordnende Verwaltung waren nicht mehr existent.
Es durfte nur aufgeschrieben werden, was der Kirche genehm war, alles andere wurde verbrannt.

Von allen Folianten, die keine christlichen Texte zum Inhalt hatten, wurde die Tine abgeschabt. So konnte das kostbare Pergamentum noch mal verwendet werden. Dadurch ging enormes Wissen aus der heidnischen Zeit, wie die Antike nun genannt wurde, verloren.

 Die lateinische Sprache verkümmerte und wurde nur noch in der Oberschicht gesprochen. Analphabetentum, das sicher nie ganz ausgemerzt war, griff um sich. Das gemeine Volk wurde dumm gehalten. Stadt und Land verfielen in eine Lethargie, aus der sie erst nach Jahrhunderten geschunden und gedemütigt aufwachen sollten.

Nur wenige »Keimzellen« wahrten im Verborgenen die ungeheuren Schätze der Antike und retteten sie über die Zeit.

Aber das ist eine andere Geschichte, die ich später erzählen werde.

Montag, 10. April 2017

Das Licht in Santa Sabina

Die in Zedernholz geschnitzten Reliefs schildern biblische Szenen. Aus dem fünften Jahrhundert stammt das Portal. Santa Sabina wurde in jener Zeit über heidnischen Ruinen erbaut.

Die schweren Holztüren geben den Weg frei in eine lichtdurchflutete Halle.

Beim Bau dieser Kirche waren die Kenntnisse und Fertigkeiten der heidnischen Welt längst Vergangenheit. Prachtvolle korinthische Säulen drängen ins Auge, sie können nur in der Hochblüte der römischen Kaiserzeit entstanden sein. Undenkbar, dass im fünften Jahrhundert ein Steinmetz im Stande war, diese feinen Kapitelle zu formen.

 

Die für den christlichen Bau verwendeten Säulen sind aus einem nahegelegenen römischen Heiligtum hierher transportiert worden. Sie bestehen aus parischem Marmor, demselben Stein, aus dem zahlreiche Bauten der klassischen Antike, auch die Akropolis in Athen, errichtet wurden.

Die Dominikaner haben Santa Sabina mehrfach umgebaut. 1939 wurde der ursprüngliche Zustand der Kirche wieder hergestellt.

Das viele Licht, dass durch die großen Fenster ins Innere hereinströmt, war manch gestrengem Glaubenslehrer ein Dorn im Auge.
Dies sei ein »übertriebenes Zugeständnis an die fleischliche Wohllust«, »die Lichtflut würde die frommen Seelen von der Meditation ablenken«.

Die damals zugemauerten Fenster sind wieder offen.

Im Hauptschiff der frühmittelalterlichen Basilika werden Reliefs und Mosaike aus vergangenen Zeiten mit Licht überflutet. Antike Darstellungen von Sinnes- und Lebensfreude.
Der alte römische Naturalismus konnte vom Christentum nicht gänzlich verdrängt werden.

Schritt für Schritt erlebe ich diese spätantike Kirche mit ihrem harmonischen Innenraum, die in ihren Proportionen noch ganz dem Stilempfinden der römischen Kaiserzeit entspricht.

Auf einer roh gezimmerten Holzbank sitze ich direkt neben den gewaltigen Säulenarkaden. Viele Einzelheiten an den Wänden und an den Gesimsen stechen ins Auge. In Stein gehauene Pflanzenmotive verbinden sich mit geometrischen Formen; ein Kelch übervoll mit Weinreben umrankt von Blumen.

Vergeblich suche ich eine Menschengestalt im Büßergewand. Vergeblich suche ich ein ausgemergeltes Christusantlitz in Stein gehauen.
Die Symbolik der ausgehenden Antike hat solch eine Christusdarstellung nicht gekannt.

Ein Dominikanermönch kommt auf mich zu, er muss bemerkt haben, dass ich seit geraumer Zeit hier bin.

Mit einem fröhlichen »buon giorno Signore« setzt er sich neben mich. Gemeinsam wandert unser Blick entlang der Fresken, entlang der Säulenhalle hinauf in die lichtgefluteten Arkaden.

Ein ganzes Leben lang sei er hier in Santa Sabina. Zu oft würde er nicht beten, die Kirche sei Lobpreisung genug.

Ich habe bis jetzt kein Wort erwidert, statt dessen blicke ich mit ihm zusammen in das helle Licht des Kirchenschiffes.
Unsere Augen treffen sich, ich sehe in den Augen des Dominikaners eine heitere Zufriedenheit. Eine Weile halten wir unseren Blicken stand.

»Kommen Sie!«
Schließlich gehe ich mit ihm nach vorne vor den schlichten Altar, der über und über mit Blumen geschmückt ist.
Nach einem hastig geschlagenen Kreuz verlassen wir die Basilika über die linke Eingangspforte.

Er habe in meinen Augen gesehen, wie sehr ich Santa Sabina bewundere.
Er nimmt mich am Arm, führt mich über den kleinen Innenhof durch eine niedrige Pforte hinein in den seitlichen Kirchenanbau, vorbei an einer Pförtnerstube. Ein gebrechlicher Dominikaner winkt uns müde weiter. Bald finde ich mich in der vollkommenen Abgeschiedenheit einer prachtvollen Bibliothek.

Domenico zeigt mir die Schätze seiner Klosterbibliothek.

Stunde um Stunde sitzen wir zusammen an einem glattpolierten Lesetisch, vor uns prachtvolle Folianten, bei denen ich mich gar nicht traue, das schwere Pergament umzudrehen.

Domenico bemerkt meine ängstliche Zurückhaltung. Er findet, dass man schon Ehrfurcht vor solchen Büchern haben müsse, aber schließlich seien sie doch zum Lesen da und er würde sich immer freuen, wenn nicht nur er diese Bücher lesen würde.

Seine Besucher suche er sich schon aus, auch mich hätte er eine ganze Weile beobachtet und wäre zu der Überzeugung gekommen, dass er mir mit diesem Besuch in seiner Bibliothek eine Freude machen könne.

Diese Begegnung ist viele Jahre her. Mittlerweile ist Domenico zum Freund geworden. Kein Rombesuch, bei dem ich nicht bei ihm vorbeischaue.
Immer das gleiche Ritual. Wir treffen uns in dem prächtigen Hauptschiff von Santa Sabina. Fra Domenicos Augen funkeln voller Freude und ich selbst, ich muss es gestehen, bin jedes mal aufgeregt. Dieses Licht im Inneren des Kirchenraumes fasziniert.

Zusammen betrachten wir seine Kirche, verlassen Santa Sabina über den linken Seitenausgang, gehen über den kleinen Innenhof durch die niedrige Pforte hinein in seine Bibliothek.

Mittlerweile ist es Brauch geworden, dass wir uns nicht gleich mit alten Büchern beschäftigen, sondern erst einen Schluck Wein trinken und dazu ein paar Bissen Brot essen.

In dieser Zeit will er mit mir - »parlare tedesco«, - deutsch sprechen. Domenico meint, bei einem Schluck Wein und einem Bissen Brot könne man gut miteinander reden und anschließend getrost ein paar Stunden über all den Kostbarkeiten der Bibliothek sitzen.

Mittlerweile weiß ich, Domenico ist ein Bücherbesessener. Sein ganzes Leben hat er diesen Büchern gewidmet. Nicht nur, dass er viele dieser Kostbarkeiten restauriert, er übersetzt so manchen lateinischen Text ins Italienische und ins Deutsche.

Diesmal warte ich vergeblich neben den korinthischen Säulen.
Durch die seitliche Pforte sehe ich einen jungen Dominikanermönch, der zögerlich auf mich zukommt.
»Dottore Gunthero?«

Mir drückt es das Herz ab!

Nach einer kurzen Begrüßung gehen wir wortlos an der niedrigen Pforte des Seitengebäudes vorbei, verlassen den kleinen Innenhof in entgegengesetzter Richtung.
Eine nur angelehnte schmiedeeiserne Tür führt neben die Stützmauern von Santa Sabina auf einen kleinen Gottesacker. Wir murmeln ein kurzes Gebet an einem frischen Grab. Dann lässt mich der Dominikaner alleine, damit ich in Ruhe von meinem Freund Abschied nehmen kann.

»Auch wenn ich Dir meine kostbaren Bücher nicht mehr zeigen kann, Du wirst immer viel Freude haben, wenn Du das Licht in Santa Sabina erlebst!«, waren damals seine letzten Worte.

In der Bibliothek liegt sein »La Croce di Luce« neben Folianten in einem Kuvert auf einem der Lesetische.
In geschwungener Kalligraphie stand: »per Dottore Guenthero«.

Dieses Strahlen- oder Lichtkreuz trug Domenico sein ganzes Leben. Mit diesem Vermächtnis zeigte er mir, wie hoch er unsere Freundschaft einschätzte.

Freitag, 7. April 2017

Nahkampf

oder
Wie ich mir in Rom ein blaues Auge zuzog und was ein Busfahrer damit zu tun hatte.

Vier oder fünf Haltestellen vor der Statione Termini, dem römischen Hauptbahnhof, stiegen die Krawallmacher ein.
Sonst waren ausser uns keine Fahrgäste mehr im Bus.
Das ist in einem römischen Stadtbus eine Rarität, aber kurz nach Mitternacht konnte das schon mal vorkommen.

Die drei Typen stellten sich hinter den Fahrer und krakelten herum. Einer malträtierte den Stempelautomaten, ein anderer trat andauernd gegen eine Sitzlehne. Ein dritter zeigte uns den Mittelfinger.

Der Busfahrer, eher schmächtig von Statur und nicht mehr der Allerjüngste bremste ab. Gerade, als er aufstehen wollte, schupste ihn so ein Durchgeknallter wieder zurück auf den Fahrersitz und brüllte etwas Unverständliches. Italienisch war das nicht. Ich verortete das eher in den Osten Europas.

Wir mussten eingreifen!
Mit einem »Scusi signore!«, packte ich das mir am nächsten stehende Spingangerl am Krawattl und verpasste ihm eine original niederbayrische Watschn!
Schosi, Werner und Achim griffen sich die anderen beiden.
Plötzlich zog der von mir Abgewatschte ein Stiletto aus der Tasche.

Ich wurde fuchsig!
Noch bevor er damit herumfuchteln konnte, warf ich ihm meinen Rucksack ins Gesicht, griff nach seinem Handgelenk und schlug es auf eine Sitzlehne. Mit einem Schrei ließ er das Messer fallen.
Nun platzierte ich ihm eine rechte Wumme mitten in die Fresse, dass er sogleich in den Sitz taumelte. Ich bog beide Arme nach hinten um die Sitzlehne. So konnte er nicht mehr aus, auch wenn er noch so wild mit den Beinen herumtrampelte und schrie.

Schosi und Achim knieten auf dem zweiten Krawallmacher und Werner hatte seinen Deliquenten mit Pfefferspray kampfunfähig gestellt.

Per Funk hatte der Busfahrer einen Notruf abgesetzt. Vier Carabinieri stürmten wenig später in den Bus und sahen, dass die Lage stabil war. Sie übernahmen die drei Matschgerl und verpassten ihnen Handschellen.

Als mein Maulheld die Carabinieri sah, spielte er das Opfer und behauptete allen Ernstes, das wäre mein Stiletto. Sofort machte er Bekanntschaft mit einem Holzknüppel.

Nicht gerade sanft bugsierten die Carabinieri die drei Krawallmacher nach draußen. Der Busfahrer, noch mit leichter Blässe um die Nase, schilderte ihnen den Vorgang.
Einer der Carabinieri bedankte sich bei uns und verzichtete auf die Personalien. So schnell, wie sie gekommen waren, waren sie auch wieder weg.

Der Fahrer bedankte sich überschwänglich und wollte unser Hotel wissen.

Dann ging es weiter in Richtung Termini. Er bog aber nicht in den Bussparkplatz ein, sondern fuhr weiter bis vor unser Hotel.
Er meinte, das sei das Mindeste, was er für uns tun könne.

Beim Aussteigen knallte ich zu allem Überfluss mit dem Kopf gegen die Tür, mit dem Ergebnis, dass ein prächtiges Veilchen um mein rechtes Auge erblühte.

Am nächsten Morgen erstrahlte es in voller Pracht und zwei Tage später, als wir wieder zuhause waren, wurde ich damit aufgezogen, so von wegen zuviel Wein und einem im Wege stehenden Türstock.
Unseren Nahkampf erwähnte ich lieber nicht.

Mittwoch, 5. April 2017

La Fontanella

Das römische Kopfsteinpflaster fordert seinen Tribut. Die Füße merken das zuerst. Auf einem Marmorgesimse setze ich mich nieder, ziehe meine Schuhe aus.
Die Plastikflasche ist schnell am Wasserstrahl des kleinen Brunnens gefüllt. Die ersten Schlucke sind gierig, das kühle Wasser ist köstlich. Mein Halstuch tauche ich in das Marmorbecken, vergrabe mein Gesicht in dem triefenden Tuch. Angenehme Kühle verdrängt die Müdigkeit.



 Eben noch vom römischen Pflaster malträtiert sitze ich jetzt entspannt neben dem kleinen Brunnen und genieße mein Rom. Das ausgerungene noch nasse Tuch knote ich wieder um den Hals.

Mein Blick streift Mauerwerk entlang der Häuserfront, allerlei Grün rankt sich um Ballustraden und Pfeiler. Über das Geländer einer Dachterrasse quillt es in unendlich vielen Farben. Die oberen Stockwerke und Dachgärten sind in Licht geflutet, die gegenüberliegende Häuserzeile verbirgt sich im Schatten. Mitten in Rom dörfliche Idylle.
Der Blick wandert hinauf in das intensive Blau des römischen Himmels.

Unmittelbar neben mir ist Leben, der kleine Brunnen will seine Geschichte erzählen. Das andauernde immer wieder neu komponierte Plätschern und Gurgeln des Wassers redet mit Heiterkeit von seinem Rom.

Es purzelt heraus aus dem Marmorspalt, ergießt sich über eine handbreit abgerundete Brüstung und fällt unvermittelt in sanftem Bogen in das kleine Marmorbecken. Dabei formt dieses klare Nass abertausend flüchtige Figuren. Nicht langweilig und monoton fließt es, nein, ein ewiges Wechselspiel an Formen und Fantasien fällt hinunter.

Der hüpfende Wasserspiegel tanzt Reigen mit dem fallenden Nass, das gurgelt, plätschert und gluckst.
Zuckende Lichtreflexe untermalen die Melodie des Wassers. Kein Ton gleicht dem anderen, Wellen und Töne wandeln sich immer neu, ein phantastisches Schauspiel.

La Fontanella erzählt mir vom stetigen Kreislauf.
Weit oben in den Albaner Bergen beginnt die Reise, über verschlungene Wege, Aquaedukte und Kanäle fließt es in die ewige Stadt. Jahrein jahraus bringt es Leben an diesen kleinen Brunnen, es kokettiert mit dem Marmor und erzählt mit ihm zusammen leidenschaftlich immer nur der Gegenwart verpflichtet sein Leben.
Sekunde um Sekunde quillt neues Wasser hervor, offenbart sich, verschwendet seine Schönheit im Licht des römischen Tages und versickert nach wenigen Augenblicken in der Vergangenheit.

Meine Zwiesprache ist vertraulich. Es ist nicht das Erste mal, dass ich hier sitze, jeder Rom-Besuch führt mich hierher.

Meine heimliche Geliebte aus Marmor und Wasser lässt schmeichelnd das Nass über meine Hände rinnen. Sanfte Kühle sorgt für die ersehnte Erfrischung. Lustiges Plätschern und das kokette Funkeln der Wasseroberfläche machen mich glücklich.

Dienstag, 4. April 2017

Rom


Nicht die meiste Zeit, aber viel Zeit verbrachte ich in Rom.
In einer neuen Reihe möchte ich von meinen Erlebnissen
in dieser einmaligen Stadt erzählen.

Mein Freund Schosi, langjähriger Romfahrer infizierte mich mit diesem Rom-Virus, das, so sagt er selbst, 
ein ganzes Leben lang aktiv sein würde.

Wie immer werden die G'schichterl in lockerer Reihenfolge präsentiert.
Einige davon sind aus meinem Romanmanuskript

DER SCHNEE DES APENNIN

entnommen.

Bis bald!