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Montag, 23. Januar 2017

*** ausgeplaudert ***

Alter Freund

»Wann ist es denn endlich vorbei?«
Große hohle Augen fixieren mich durch einen Schleier voller Schmerzen.
Die ersten Tropfen der schmerzstillenden Infusion kriechen in den ausgemergelten Körper.
Vor der Tür, zusammengekauert auf einem Plastikhocker, das Einzige, was in seinem Leben geblieben ist, die Tochter, die ihn die letzten Jahre umsorgte.

So gefasst war sie gewesen, so verzweifelt ist sie jetzt. Salzige Tränen suchen sich den Weg um die schlanken Backenknochen.
Sie hat nicht mehr die Kraft neben ihrem Vater zu sitzen.

Der Pfarrer ist verständigt, die Nachtschwester schaut immer wieder durch den schmalen Türspalt, nur den Kopf streckt sie herein. Der nahe Tod soll nicht hinaus.

Das Morphium beginnt seine barmherzige Wirkung.
Die zusätzliche Injektion habe ich vorbereitet.
»Sie sollen schlafen, ich geb’ ihnen was.«
Die heiße Hand sucht meinen Kittel, zieht mich näher.
»Lass mich noch einmal aufwachen, alter Freund, einmal nur noch.«

Sein letzter Wunsch ging nicht mehr in Erfüllung.

»Er ist heimgegangen« sagt der mittlerweile eingetroffene Pfarrer zur Tochter.
Die vielen Gespräche mit der Tochter, das Hoffen und das Wissen um den nahen Tod, vorbei.

Es ist alles gesagt.
Die Allerweltsformel »Mein Beileid« verkneife ich mir. Ein stummer von ihr zaghaft erwiderter Händedruck.
»Alter Freund« - hat er zu mir gesagt, - ich habe nur seinen Namen gekannt und seine Diagnose. Verlegen gehe ich an der Schwester vorbei.

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